Bühne frei fürs Phantom
Podiumsgespräch des HEV Linthgebiet im Kreuz Jona. Der Saal gut gefüllt, die Stimmung gespannt. Es geht um nichts weniger als den Eigenmietwert – dieses eigentümliche Phantom der Schweizer Steuerpolitik. Auf der Bühne: Ständerätin Esther Friedli und Nationalrat Marcel Dobler für die bürgerliche Seite, SP-Kantonsrätin Susanne Helbling und die Schaffhauser Nationalrätin Linda De Ventura auf der Gegenseite. Ein politisches Vierergespann, das die alte Frage neu verhandelt: Fiktives Einkommen besteuern – oder endlich Schluss mit der Geistersteuer?
Die Eigentümer schiessen scharf
Friedli und Dobler lassen keinen Zweifel: Der Eigenmietwert sei ein Anachronismus, ein Phantom, das längst auf den Friedhof der Steuerideen gehöre. Er bestrafe junge Familien, Rentnerinnen und Ersterwerber. Zudem blockiere er Investitionen und halte Eigentümer künstlich verschuldet. Der Systemwechsel, so Friedli, sei nicht nur gerecht, sondern auch steuerlich neutral – ein sauberer Schnitt ohne Schaden für den Staat. Das Publikum nickt zustimmend, einige klatschen spontan.
Die Linke warnt vor Milliardenlöchern
Ganz anders die SP-Vertreterinnen. Helbling und De Ventura sprechen von einem „finanzpolitischen Blindflug“. Zwei Milliarden Franken weniger pro Jahr – wer soll das bezahlen? Gemeinden, Kantone, der Bund: Alle müssten kürzen. Leidtragende wären nicht die Eigenheimbesitzer, sondern die breite Bevölkerung. Die Mieterinnen und Mieter würden doppelt getroffen: durch steigende Kosten und höhere Steuern. Von Umverteilung nach oben ist die Rede, von drohender Schwarzarbeit und einer Reform, die am Ende nur den Vermögenden gefällt.
Politik als Nahkampf
Während die Argumente hin- und herflogen, zeichnete sich das Grundmuster klar ab: Hier die Eigentümer, die Freiheit und Fairness beschwören. Dort die Sozialdemokratie, die das soziale Netz und die Staatskassen im Blick hat. Ein Duell, wie man es im Kanton St. Gallen gern führt: hart, aber mit gepflegtem Ton.
Und doch konnte man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen: Während Esther Friedli unbeirrt Punkt um Punkt gegen den Eigenmietwert setzte, nahmen es die beiden SP-Frauen offenkundig lockerer – sie fanden sogar Zeit für ein Selfie auf der Bühne. Politik, so scheint’s, ist manchmal auch nur ein Schnappschuss fürs Album.
Ein Phantom bleibt präsent
Ob der Eigenmietwert tatsächlich fällt, entscheidet das Volk. Klar ist: Beide Seiten liefern plausible Gründe, die Frage reicht tief in Gerechtigkeit, Eigentum und Staatsfinanzen hinein. Und selbst wenn das Phantom dereinst verschwindet – die Erinnerung an Abende wie jenen im Kreuz Jona bleibt. Politik im Kleinformat: emotional, widersprüchlich, manchmal zum Kopfschütteln – aber eben ganz schweizerisch.







